Wie mela schon in ihrem Bericht, über den Weihnachtsmarkt in Tønder, berichtet hat, ist es in Dänemark seit Jahrhunderten Brauch, den Nissen zu Weihnachten einen Teller Brei hinzustellen.
Was aber nun sind eigentlich diese Nissen? Bei uns in Deutschland löst der Name Nissen doch eher Ekel und erschrecken aus, handelt es sich hier doch um die Eier der gemeinen Kopflaus (pediculosis capitis)!
Das ist in Dänemark natürlich nicht der Fall. Der Nisse ist ein Kobold. Von der Körpergröße her etwa einem 10 jährigen Kind gleich, ist er ein alter aber sehr rüstiger und knorriger Greis (Ähnlichkeiten mit lebenden Forumsusern sind da rein zufällig). Sein Gesicht ziert ein langer, weißer Bart und auf seinem Haupt prangt eine rote Ziepfelmütze. Sein grobes Lodengewand, Hose und Jacke aus ungebleichter Wolle, ist grau. Und die Mütze sieht man gerade dann, wenn er verschwindet. Er ist uralt – so ungefähr viertausend Jahre. Selbst weiß er das gar nicht. Für einen Nisse ist alles schon lange her. Nach all den vielen langen, kalten Nächten in Ställen und Scheunen plagt ihn vielleicht die Gicht, aber noch immer ist er ein richtiges Mannsbild.
Der Nisse hat Humor, ist bescheiden und lebt sehr einfach. Hilfreich ist er dort wo er geachtet wird, mürrisch, ja manchmal gefährlich dort, wo man ihn nicht beachtet.
Die Geschichte des Nisse verliert sich im heidnischen Dunkel, und wie bei allem aus jenen dunklen Zeiten trauen wir uns nicht, etwas ganz bestimmtes zu wissen. Allerdings versetzt das Dämonische im Winterdunkel unserer fernen Vorväter, gewisse Saiten in uns in leise Schwingungen.
Das Glück des Hauses hing von ihm ab.
Denn wenn der Nisse früher auch zum Bauernhof gehörte, ein Hauskobold, der unsichtbar dahinlebte oder nur selten im Haus zu sehen war, aber dabei das Glück und Schicksal des Hauses bestimmte und daher das ganze Jahr zugegen war, gehörte er ganz besonders dem tiefen Winter an. Somit gehörte er später auch zu Weihnachten, "Jul", das so uralt, so heidnisch und so ganz finster ist, dass man im Norden kaum zu glauben wagt, die Sonne könne je wieder scheinen.
Der Hauskobold wohnte in jedem Haus mit einem Herd, einer Feuerstelle. Vielleicht war er eigentlich jener Vorvater, der tot im Hügel auf dem Feld begraben und doch dafür sorgte, dass alles nach den Gesetzen des Lebens weiterlief. Etwas in seinem Charakter könnte darauf deuten: hilfreich, solange alles nach seinem Kopf ging, aber auch mürrisch wie ein abgedankter, überhörter Greis. Er war einer von den Mächten, er war von der anderen Seite. Manche sehen einen Hausgott in ihm, einen Überrest des Ahnenkultes, andere den leibhaftigen Teufel. Nur wir fühlen etwas Unvereinbares in diesen scheinbar so widerspruchsvollen Ursprungsquellen; für den, der verstanden hat und keine Erklärungen brauchte, konnte er ohne weiteres das Ganze sein.
Vielleicht erging es ihm so, wie es auch lichteren Göttern erging: Als neue Götter kamen und ihre Macht gestärkt werden musste, hatten die alten das Vorzeichen zu ändern und mussten zu Teufeln werden. Aus neuerer Zeit weiß man, dass der Nisse in einem gewissen Verwandtschaftsverhältnis zum Bösen selber steht. Nis ist der gleiche Name wie Niels, und will man auf Dänisch den Teufel nicht beim Namen nennen, so spricht man von Ihm als Alter Niels...
Gewiss, Weihnachten, "Jul", ist ein christliches Fest, zu Weihnachten feiern wir Christi Geburt. Hierzulande gab es aber schon ein Jul, bevor das Christentum kam, und es ist noch nicht ganz sicher, dass es ja mehr christlich als heidnisch geworden ist. Manche meinen, das skandinavische Wort jul bedeutet hjul, das Wort für Rad – das Sonnenrad, die Sonnenwende, dass die Sonne umwendet und zurückkehrt. Man feierte – und feiert – die Wiederkehr des Lichtes. Doch dahinter und darunter meint ein kluger alter Forscher ein uraltes Fest für das Dunkel zu sehen, für die Toten, für die Finsternis, die sie verbirgt und uns alle bedroht.
Nun stellt man also einen Teller mit Haferbrei, jene tausendjährige Speise, die erst diese Generation als Hauptnahrungsmittel aufgegeben hat, für den Nisse bereit, und zahllose Weihnachtskarten zeigen dieses Bild. Nur wenige haben den Nisse gesehen, aber wir wissen alle, wie er ausschaut. Vielleicht ist der Bart etwas länger, sind die Beine etwas kürzer geworden, seit ich ihn zuletzt erblickt habe.
In der Julnacht, in der die Toten umgingen, sollten alle Lebenden sich innerhalb ihrer vier Wände halten. Wer unter freiem Himmel blieb, konnte auf die Asgårdsreise mitgenommen werden, im sausenden Zug der Toten, der unter der Führung des Todesgottes selbst, Odin, über das Land hinwegbrauste. Da kam die Sippe des Nisse! Erst nach Mitternacht wagte man sich aus dem Haus, um mit brennenden Fackeln der neuen Sonne entgegenzugehen, in späteren Zeiten, um sich in der Kirche zur Christmesse zu versammeln, die so grosse Bedeutung hatte, dass sie dem angelsächsischen Weihnachtsfest den Namen gab, Christmas, und dass dieses Christmas am Morgen nach der Julnacht gefeiert wird. Der deutsche Name, Weihnacht, könnte darauf deuten, dass man der Nacht selbst die grösste Bedeutung beimass.
(Quellen: Spang Olsen, dänisches Aussenministerium, Wickipedia)
Hilsen fra Herne
Ecki Ølbær